Buchbesprechung zu Dominique Venner – Ernst Jünger: A different European destiny

13.01.2025

Ernst Jünger: In Frankreich gerühmt, in Deutschland und Österreich verschmäht. Doch warum ist das so? In seinem jüngst auf Englisch beim Arktosverlag erschienen Buch aus dem Jahr 2008 erklärt der französische Nationalrevolutionär und Historiker Dominique Venner, warum der deutsche Kriegsheld und Konservative Revolutionär Ernst Jünger nicht nur eine Jahrhundertgestalt ist, die als Seismograph der gewaltigen Verwerfungen des 20. Jahrhunderts diente, sondern auch ein Wegweiser hin zu einem anderen europäischen Schicksal.  

Auf 212 Seiten gibt Venner, der 2013 den Freitod wählte, um ein Fanal gegen den Niedergang Europas zu setzen, nicht nur Auskunft über die zahlreichen Stationen im Leben Jüngers, sondern ordnet diese auch politisch ein und ordnet sie in die Zusammenhänge ihrer Zeit ein. Den Fokus legt der germanophile Franzose dabei auf das gerade für revolutionäre Nationalisten besonders interessante Frühwerk des zuletzt in Wilflingen ansässigen Schriftstellers. Dabei schildert er den vom Krieg faszinierten Weg des Dichtersoldaten Jüngers über eine kurze Episode in der französischen Fremdenlegion (Afrikanische Spiele), den heldenhaften Einsatz als Stoßtruppführer im Ersten Weltkrieg (In Stahlgewittern) bis hin zum Aufstieg des Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg. Venner arbeitet hier die vitalistische Weltanschauung des Nietzscheaners und revolutionären Nationalisten heraus, der als überzeugter Preuße den Mythos vom Dienst am Staat und die totale Mobilmachung aller Deutschen durch die Armee predigte (Der Arbeiter), um Deutschlands Erneuerung möglich zu machen, wofür er sogar ein Bündnis mit der Sowjetunion anstrebte, damit der bürgerlich-liberalen Ordnung der Garaus gemacht werden könne. Zwar strebte Jünger eine nationale Revolution an, im Gegenzug zum wissenschaftlich-sozialdarwinistischen Mythos der Rasse vertrat er als Preuße den Mythos des Staates. Laut Venner wusste Jünger von den Aktivitäten des Deutschen Widerstands Bescheid, weigerte sich aber sich an diesem zu beteiligen. Im Zweiten Weltkrieg diente Jünger überwiegend als Besatzungsoffizier in Paris, wo er neben seiner militärischen Arbeit die Übersetzung seiner Werke ins Französische und den Kontakt mit der Pariser Intelligenz pflegte. Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte er mit dem Tod seines Sohns Ernstel und dem Zusammenbruch Deutschlands als totale Katastrophe, die wiederum Jüngers Leben veränderte. Dies fand nach Venner seinen Ausdruck in der Figur des Waldgängers, den Jünger 1951 als Figur des totalen Widerstands entwarf, der sich analog zur Technikkritik Martin Heideggers gegen die gefährliche Entwicklung einer durchtechnisierten Welt positioniert und den totalen Widerstand des Einzelnen gegen eine verbrecherisch gewordene Gesellschaft empfiehlt. Den Abschluss bildet Venners Darstellung Ernst Jüngers schließlich mit der Figur des Anarchen in dessen Roman Eumeswil , der nur über sich selbst herrschen will und als kalter, teilnahmsloser Beobachter der Geschehnisse zum Antipoden der Globalisten wird, die über alles herrschen wollen. Das Werk Venners ist für all jene interessant, die sich mit dem Werk Ernst Jüngers aus patriotischer Sicht beschäftigen wollen. Interessant ist dabei vor allem der nationalrevolutionäre, soldatische und heidnische Blick auf das Werk Jüngers, dass sein immanent-dionysisches Denken hervorhebt. Dabei bleiben natürlich – auch dem Umfang des Werkes geschuldet – die christlich-apollinischen Aspekte in seinem Spätwerk unberücksichtigt. Wer Ernst Jünger, die Konservative Revolution und vor allem seine Wirkung auf Frankreich besser verstehen will, der kommt um dieses Buch nicht herum.