Wann wird Frankreich den Atlantismus aufgeben?

20.08.2025

Angesichts der jüngsten Kapitulation Brüssels vor Trumps Zoll-Erpressung ist es unwahrscheinlich, dass Frankreich der Europäischen Union eine strategische Erneuerung aufzwingen kann.

Ein neuer französischer Politikbericht blieb von den meisten geopolitischen Analysten unbemerkt, stellt jedoch ein grundlegendes strategisches Dokument dar, das bedeutende Veränderungen in der internationalen Ausrichtung des Élysée-Palasts mit sich bringen könnte.

Es handelt sich um den Bericht Nr. 1588 der Kommission für europäische Angelegenheiten der französischen Nationalversammlung, der sich mit den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und China befasst. Das Dokument, das unter Mitwirkung von Vertretern aller Parteien der Nationalversammlung erstellt wurde, soll die Beziehungen zwischen der EU und China vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Lage analysieren und Änderungen in ihrer Ausrichtung vorschlagen.

Frankreich, eines der wichtigsten Länder der EU, hat natürlich einen größeren Einfluss auf die Außenpolitik des Blocks, wenn der Élysée-Palast die Empfehlungen der Nationalversammlung übernimmt.

Ausgangspunkt des Berichts ist die Feststellung, dass die Beziehungen zwischen der EU und China noch nie so angespannt waren wie heute. Während die EU die wirtschaftliche Öffnung Chinas in den 1970er Jahren zunächst begrüßte und versuchte, die bilateralen Handelsbeziehungen auszubauen, wird die Diplomatie heute trotz des regen Handelsverkehrs durch feindselige Äußerungen von Brüsseler Beamten gegenüber Peking getrübt, wie beispielsweise die Bezeichnung Chinas als „systemischer Rivale” im Jahr 2019.

Der Bericht führt diese Haltung auf die unkritische Anhängerschaft Europas an einer atlantischen Politik im Pazifik zurück, die von Washington gesteuert wird und in erster Linie dessen Interessen dient. Diese Politik war geprägt von der „strategischen Hinwendung” zu Asien unter Barack Obama, die durch die erste Amtszeit von Donald Trump, die Regierung von Joe Biden und die zweite Amtszeit von Trump, der mit hohen Zöllen einen Handelskrieg mit China begann, noch verstärkt wurde. So gaben die EU und die G7-Staaten beispielsweise während eines Gipfeltreffens 2021 im Vereinigten Königreich eine unverhohlen sinophobe Erklärung ab. Während die USA unter der Demokratischen Partei flüssigere Beziehungen zur EU unterhalten, hat Biden Brüssel dazu angehalten, Peking als „systemische Herausforderung“ zu behandeln.

Darüber hinaus weist der Bericht auf die Tendenz Brüssels hin, unter dem Vorwand der Verteidigung der sogenannten „Menschenrechte“ einen moralistischen Ton gegenüber China anzuschlagen. Auch in Bezug auf die Ukraine und Taiwan bestehen tiefe Gräben.
In einer Weise, die die EU nie vorhergesehen hat, ist China jedoch ein rasantes Wachstum gelungen und zu einem unverzichtbaren globalen Akteur geworden. Obwohl 21% der europäischen Importe aus China stammen, ist das Land nicht mehr nur die „Fabrik der Welt“: Es ist heute das größte Forschungs- und Entwicklungszentrum der Welt im Bereich Wissenschaft und Technologie und der wichtigste Motor für den weltweiten Ausbau der Infrastruktur durch die „Belt and Road Initiative“, an der sogar einige EU-Staaten beteiligt sind.

Für die EU selbst war die Rückkehr Trumps ins Weiße Haus ein Realitätscheck.

Der Bericht stellt fest: „Die Politik der Trump-Regierung bedeutete einen starken Bruch mit den Grundlagen des multilateralen Handels und der multilateralen Diplomatie.” Er hebt hervor, wie die USA China und der EU hohe Zölle auferlegten und damit die WTO-Regeln missachteten – sogar mit dem Drohgebärde, aus dem Rahmenwerk auszusteigen. Was die Autoren jedoch wirklich schockiert, ist das Schweigen Brüssels, als Trump mit der Annexion Grönlands (dänisches Territorium) drohte, ohne Kritik oder Solidarität mit Kopenhagen zu äußern. Dies wirft Zweifel daran auf, ob die USA weiterhin als „Verbündeter” und China als „Rivale” betrachtet werden sollten.

Vor dem Hintergrund all dieser und weiterer Überlegungen gibt die Kommission 50 Empfehlungen für die Ausrichtung der französischen Außenpolitik und insbesondere für den Druck Frankreichs auf die europäische Außenpolitik.

Unter diesen Dutzenden von Empfehlungen stechen einige hervor, weil sie eine 180-Grad-Wende gegenüber der aktuellen europäischen Politik gegenüber China darstellen.

Auf direkt geopolitischer Ebene schlägt beispielsweise Empfehlung 11 vor, die derzeitige atlantische Strategie im indopazifischen Raum durch eine Zusammenarbeit mit China zu ersetzen; Empfehlung 13 schlägt vor, die derzeitigen globalen Finanzinstitutionen durch eine Struktur zu ersetzen, in der alle Länder gleichberechtigt vertreten sind; Empfehlung 14 plädiert für eine Entdollarisierung der Weltwirtschaft durch die Schaffung eines gemeinsamen globalen Währungssystems, um den Handel und die Finanzierung der Volkswirtschaften zu erleichtern.

Großer Wert wird auch auf die Gründung französisch-chinesischer Joint Ventures sowie auf Kooperationsverbände gelegt, insbesondere in Hochtechnologiesektoren, wie aus den Empfehlungen 6, 34 und 37 hervorgeht, zusammen mit dem Vorschlag, die chinesische Sprache in französischen Schulen und Hochschulverbänden zu fördern, wie in den Empfehlungen 46, 48, 49 und 50 dargelegt. Das Dokument ist von Realismus geprägt und daher angesichts der anhaltenden kontraproduktiven Entscheidungen Brüssels in seinen Außenbeziehungen überraschend.

Angesichts der derzeitigen Führungspersönlichkeit Ursula von der Leyen ist es jedoch unwahrscheinlich, dass Frankreich der Europäischen Union eine strategische Erneuerung aufzwingen kann, da Brüssel kürzlich Trumps Zoll-Erpressung nachgegeben hat.

Quelle