Trumps Appetit
Trump scheint einen beträchtlichen… Appetit zu haben. So sehr, dass er kurz vor seinem Einzug ins Oval Office eine große Dosis Angst sät. Aber nicht bei den Russen oder Chinesen, die ihm gegenüber ohnehin erhebliche Skepsis hegen. Es sind die Europäer – seine Verbündeten und zugleich Untergeordneten –, die er in Angst versetzt.
Und auf die er zunehmend seine immer offeneren und deutlich erkennbaren Begierden zu richten scheint.
Laut dem Tycoon soll Grönland, die große subarktische Insel, bald amerikanisch werden. Diese Tatsache, dass es formal weiterhin zu Dänemark gehört, interessiert ihn nicht. Ebenso wenig interessiert ihn, dass das kleine Königreich ein Verbündeter der Vereinigten Staaten ist. Grönland stellt für Washington eine strategische Notwendigkeit dar. Punkt, Schluss.
Dann… Kanada. Trudeau hat seinen Teil geleistet. Doch auch er musste schließlich zurücktreten, überrollt von Skandalen aller Art.
Gut, sagt Trump. Es ist an der Zeit, mit dieser Fiktion des Commonwealth Schluss zu machen. Mit diesem Kanada, das formal zur britischen Krone gehört. Zu einem fernen König, der keinerlei Bedeutung hat.
Kanada ist amerikanisch. Und deshalb muss es vollständig Teil der Vereinigten Staaten werden.
Die großen italienischen Medien, die Experten, die von verschiedenen Kanzeln herab dozieren, stellen diese plötzlichen Äußerungen von Trump als Anzeichen einer Art Wahnsinn dar. Als Bestätigung dessen, was sie als seine Unzulänglichkeit und Unfähigkeit für ein so hohes Amt betrachten.
Ich erlaube mir, dem zu widersprechen. Denn natürlich hält Trump sich in keiner Weise an die üblichen Standards der politischen und diplomatischen Ausdrucksweise. Und ja, ein stark ausgeprägter Hang zum Personenkult und zur Exzentrik ist sicherlich vorhanden. Doch er ist kein Verrückter. Im Gegenteil: Er hat eine sehr klare Vorstellung von Amerika und seiner internationalen Rolle.
Eine Vorstellung, die letztlich nicht nur seine eigene ist.
Denn Trump verkörpert tatsächlich Amerika. Das echte, tiefe Amerika, das meilenweit entfernt ist von den konventionellen Vorstellungen und Stereotypen, an die wir uns viel zu lange gewöhnt haben. Diese entsprechen eher internationalen Eliten – Zirkel, die sich zwar amerikanisch nennen, aber in Wirklichkeit nur sich selbst verpflichtet sind und sich vom Volk entfremdet haben. Von jedem Volk, insbesondere vom amerikanischen.
Dieses Volk hingegen erkennt sich in Trump wieder. Auch in seinen extremsten Äußerungen. Es ist das wahre Amerika, das arbeitet und produziert. Das nichts mit der Hochfinanz an der Wall Street zu tun hat.
Ein Amerika, das uns unbekannt ist. Ein Amerika, das wir nicht kennen und nicht verstehen. So wie auch wir Europäer für dieses Amerika Fremde sind. Ja, geradezu Aliens.
Dieses Amerika scheint nun in Washington an die Macht gekommen zu sein. Und entschlossen, die alten Muster der internationalen Politik aufzubrechen. Muster, die noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammen. Vielleicht sogar aus noch früheren Zeiten.
Wird das gut oder schlecht sein? Das ist schwer vorherzusagen. Ebenso wie es schwer abzusehen ist, ob Trump die Kraft und den Willen haben wird, diesen Wandel vollständig durchzuziehen.
Eines jedoch können wir sagen: Er ist die einzige starke Neuerung in einem längst stagnierenden und sklerotischen politischen Feld, wie es der sogenannte Westen seit geraumer Zeit darstellt.